NZZ – Mit fünf Earthshots: Prinz William und Herzogin Catherine wollen die Welt retten

Am Sonntag verliehen Prinz William und Herzogin Catherine die fünf Earthshot-Preise, die zum Ziel haben, den Klimawandel bis 2030 zu bremsen. Unter den Finalisten befand sich auch ein Schweizer.

Oktober 18, 2021

Es war ein Staraufgebot sondergleichen, das am Sonntag dem Ruf von Prinz William und Herzogin Catherine physisch oder doch zumindest digital nach London gefolgt war. Unternehmer wie Jack Ma, Schauspielerinnen wie Dame Emma Thompson oder Cate Blanchett, die Fussballer Mohamed Salah und Dani Alves, Musikschaffende wie Ed Sheeran oder Shakira, der Naturfilmer Sir David Attenborough, die Klimaschützerin Luisa Neubauer oder Königin Rania von Jordanien waren mit von der Partie.

«Wir leben in der folgenreichsten Zeit der Menschheitsgeschichte», sagte Prinz William anlässlich der ersten Verleihung des Earthshot-Preises in London. «Die Massnahmen, die wir in den nächsten zehn Jahren ergreifen oder nicht ergreifen, werden das Schicksal des Planeten für die nächsten tausend Jahre bestimmen.» Inspiriert von John F. Kennedys Moonshot, einem Vorantreiben der Technologie, um den ersten Menschen auf den Mond schiessen zu können, entstand der Earthshot-Preis. Ein Antreiben von Forschung und Entwicklung, um auf der Erde bleiben zu können.

Preisgeld von einer Million Pfund

Bis ins Jahr 2030 wollen die Royals jährlich den Earthshot-Preis in fünf verschiedenen Kategorien verleihen. Eine Million Pfund gibt es jeweils für die besten Ideen, Projekte, Erfindungen und Bestrebungen, um die Luft reiner zu machen, die Ozeane sauberer, das Klima besser, die Natur wiederherzustellen und Abfall erst zu verringern und schliesslich zu verhindern.

Damit sollen 2030 mindestens «50 funktionierende Antworten auf die Klimakrise» mit Geld und internationaler Aufmerksamkeit bedacht werden, von denen sich der Prinz und sein Komitee nicht weniger versprechen als die Rettung der Erde.

Die fünf Gewinner 2021

Um dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen, versucht der Earthshot-Preis, das gängige Narrativ der Klimakrise zu verändern. Nicht die Angst der Zuspätgekommenen soll Forschung, Wirtschaft und Einzelprojekte antreiben, sondern die Hoffnung, gerade noch so die Kurve zu kriegen. Zwischen Reden und Showeinlagen wurden am Sonntag die fünf ersten Preise verliehen, die dieser Hoffnung Gesichter geben sollen.

Die Natur wiederherstellen: Costa Rica schafft finanzielle Anreize für den Umweltschutz

Im Jahr 2020 wurden rund 10 Prozent der globalen Erwärmung durch das Abholzen von Wäldern verursacht. Die zentralamerikanische Republik Costa Rica erkannte dieses Problem bei sich bereits zu Beginn der neunziger Jahre: Um die Wirtschaft zu befeuern, war die Hälfte der costa-ricanischen Wälder gerodet worden. Um dem entgegenzuwirken, entwickelte das Umweltministerium ein Belohnungssystem, das Bürger dafür bezahlt, Bäume zu pflanzen, Wälder zu schützen und Ökosysteme wiederherzustellen.

Damit rettete Costa Rica nicht nur seine Natur, sondern auch die Tourismusbranche: Der Ökotourismus boomt in Costa Rica und macht ein gutes Stück des Bruttosozialproduktes aus. Der Earthshot-Preis soll dem Land dabei helfen, sein Wissen über Naturschutz und Ökotourismus vor allem im globalen Süden der Welt zu verbreiten.

Unter den drei Finalisten dieser Kategorie befand sich auch die Informations- und Netzwerkplattform Restor des ETH-Professors Thomas Crowther. Die Plattform bietet kostenlosen Zugang zu einem stetig wachsenden Datenpool im Bereich Naturschutz und Nachhaltigkeit.

Biodünger statt giftige Rauchschwaden für reinere Luft

In vielen Ländern – etwa in Indien – verbrennen Landwirte die Produkte, die sie nicht verkaufen oder verwerten können. Mancherorts wird die Luft dadurch regelmässig so stark verschmutzt, dass die Lebenserwartung der ortsansässigen Bevölkerung um bis zu zehn Jahre sinkt. An einem solchen Ort nahe Delhi wuchs Vidyut Mohan auf. Mit seinem Unternehmen Takachar hat er eine Maschine entwickelt, die Ernterückstände in verkaufsfähige Bioprodukte wie Kraftstoff und Dünger umwandelt.

Die Maschine ist günstig in der Anschaffung und kann an die Traktoren der Landwirte angehängt werden. Damit bleiben nicht nur die grossen Feuer aus – die Landwirte generieren mit dem Verkauf des entstandenen Düngers auch zusätzliches Einkommen.

Mailand sammelt Essensreste für eine abfallfreie Zukunft

Weltweit leiden Millionen von Menschen Hunger. Gleichzeitig wird ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen. In Mailand werden seit 2019 täglich 350 Kilo Lebensmittelabfälle, was laut Angaben der Stadt 260 000 Mahlzeiten entspricht, vor allem aus Supermärkten und Kantinen in drei sogenannten Food Waste Hubs gesammelt.

Von dort aus verteilen NGO sie an Bedürftige. Das Ziel: Bis 2030 nur noch halb so viele Lebensmittelabfälle zu verzeichnen. Um das zu erreichen, setzt Mailand zudem auf eine Lebensmittelabfallpolitik, die öffentliche Einrichtungen, Lebensmitteltafeln, Wohlfahrtsverbände, NGO, Universitäten und Privatunternehmen mit einbezieht.

Korallenfarmen für lebendige Ozeane

Prognosen sagen voraus, dass im Jahr 2050 rund 90 Prozent der Korallenriffe tot sein werden. Da ein Viertel aller Meeresbewohner von den Riffen abhängig ist, bedeutet dies auch für sie das Todesurteil. Um dem entgegenzuwirken, züchten Sam Teicher und Gator Halpern auf den Bahamas Korallen und setzen sie aus.

Die beiden tüfteln daran, die gezüchteten Korallen nicht nur schneller wachsen zu lassen, um dem Sterben effektiv entgegenwirken zu können, sondern sie auch resistenter zu machen. Zudem engagieren sie sich mit ihrer Organisation Coral Vita für Arbeitsplätze rund um die Korallenriffe, damit der wirtschaftliche Nutzen zu einem zusätzlichen Schutz für ihre Korallen wird.

Wasserstoffgeneratoren für ein besseres Klima

Vaitea Cowans Unternehmen Enapter will fossile Energie ein für alle Mal überflüssig machen. Mittels AEM-Elektrolyseuren kann erneuerbarer Strom in emissionsfreies Wasserstoffgas umgewandelt werden. Mit dieser Technologie können Autos und Flugzeuge angetrieben oder Häuser geheizt werden. Das Earthshot-Preisgeld fliesst in die für 2022 geplante Massenproduktion der Wasserstoffgeneratoren.

Gemein ist den Preisträgern, dass ihre Ideen nicht nur einem, sondern stets mehreren Zwecken dienen. Mailand etwa geht gegen Food-Waste und Hunger vor, die Düngermaschinen sollen die Luftverschmutzung verringern und den Bauern ein zusätzliches Einkommen generieren. Zudem sind die Projekte gegen den Klimawandel keine grossen, schnell wirksamen Knaller, sondern langfristig umsetzbare Veränderungen der jeweiligen Systeme.

Geschrieben von Nadine A. Brügger

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