Überschüssige Energie nutzen und das Stromnetz ausgleichen? Da hilft grüner Wasserstoff

Wie dezentrale Elektrolyseanwendungen überschüssige erneuerbare Energien nutzbar machen und Schwankungen ausgleichen können.

November 30, 2022

Endlich, der Ausbau erneuerbarer Energien geht voran und führt dabei gar nicht, wie von Panikmachern behauptet, zu überwältigenden Netzproblemen. Dennoch benötigen wir Lösungen um auftretende Energieschwankungen auszugleichen.

Das bringt uns zum Thema “Grid Balancing” – auf Deutsch “Netzausgleich”. Dieser Begriff umfasst zahlreiche Aspekte: Angefangen bei der Netzstabilisierung bis hin zu Energiebeschränkung. Das grundlegende Konzept beinhaltet dabei sicherzustellen, dass die richtige Energiemenge – nicht mehr und nicht weniger – zur richtigen Zeit am richtigen Ort erzeugt und ins Netz eingespeist wird.

Eine Lösung, die dazu beitragen kann ist grüner Wasserstoff. Das Gas ist in der Lage erneuerbare Energie unabhängig von Ort und Umgebung in einen speicherbaren und vielseitigen Energieträger zu verwandeln.

Richtig gemacht liegen hierbei die Vorteile auf der Hand.

Untersuchungen des Reiner Lemoine Instituts (RLI) haben ergeben, dass dezentrale Elektrolyseure mit einer Leistung von bis zu 5 MW, eingesetzt und verteilt über ganz Deutschland, dazu beitragen können, das Stromnetz ausschließlich mit überschüssiger erneuerbarer Energie auszugleichen.

Der Clou dabei? So könnten Kosten für den erforderlichen Netzausbau von ca. 7-8 % pro Jahr vermieden werden.

Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen reduzieren

Aber wir benötigen nicht nur einen Netzausgleich, sondern einen kohlenstoffarmen Netzausgleich.

Normalerweise werden zum Ausgleich von Defiziten sogenannte “Peaker”-Kraftwerke eingesetzt. Dies sind mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke, die hochgefahren werden, um in Zeiten hoher Nachfrage zusätzlichen Strom zu liefern und dabei  CO2- und NOx-Emissionen verursachen.

Mittlerweile findet man auch umweltfreundlichere Optionen zur Unterstützung des Stromausgleichs, wie z. B. Wasserkraftwerke, Batterien, Schwungräder und Superkondensatoren, aber auch hier gibt es Einschränkungen in Bezug auf Geografie, Größe, Platz oder Speicherkapazität.

Zudem geht es beim Netzausgleich nicht nur darum, weniger Energie auszugleichen, während z.B. der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint, sondern auch darum, mit Strom umzugehen, sobald zu viel davon vorhanden ist. Grüner Wasserstoff kann hier eine Lösung sein.

Bilanzierung dank grünem Wasserstoff

Vor allem im Bereich der “Sektorenkopplung” kann grüner Wasserstoff eine maßgebliche Rolle spielen. Diese beinhaltet die Verknüpfung von Energieversorger- und Endverbrauchersektoren, z. B. erneuerbare Energien und Industrie.

Erzeugen erneuerbare Energien mehr Strom, als das Netz benötigt, kann diese überschüssige Energie mit Hilfe von Elektrolyseuren genutzt werden, um grünen Wasserstoff für Industrieanwendungen zu erzeugen, anstatt sie durch Energieabschaltungen zu verschwenden.

Lancium, ein US-amerikanischer Kunde unseres zertifizierten Partners H2 Core Systems, setzt dies bereits um. Für das dynamische Netzlastmanagement werden u.a. unsere AEM-Elektrolyseure genutzt.

Ist zu viel elektrische Energie im Netz ist, wird die flexible Elektrolyseauslastung erhöht, um mehr Wasserstoff zu erzeugen. Ebenso wird sie verringert, sobald zu wenig Energie vorhanden ist. Dieser Ansatz unterstützt sowohl die Netzstabilität – er hilft bei der Vermeidung von Stromausfällen und Netzschäden, die durch überschüssigen Strom entstehen könnten – als auch die Produktion von preiswertem, regenerativem grünen Wasserstoff.

Der Ansatz von Lancium, der auf eine Multi-Megawatt-Ebene ausgeweitet werden soll, zeigt, wie aus diesem Stromausgleich auch größere Mengen an grünem Wasserstoff gewonnen werden können. Diese werden u.a. von der Industrie und im Transportwesen benötigt. Entsprechend wird die Sektorenkopplungsmethode auch in der RLI-Forschung zum deutschen Netzausgleich vorgeschlagen.

Eine Frage der Flexibilität

Ein weiterer Ansatz trägt den weniger eleganten Namen “Power-to-Gas-to-Power”. Im Wesentlichen wird dabei grüner Wasserstoff aus intermittierenden erneuerbaren Energien hergestellt und dann zur Stromerzeugung verwendet.

Da sich richtig gespeichertes H2 im Laufe der Zeit nicht verflüchtigt, bietet sich grüner Wasserstoff vor allem für eine langfristige oder saisonale Energiespeicherung an. Phasen mit geringer Erzeugung aus erneuerbaren Energien können so durch Rückverstromung ausgeglichen werden.

Effizienzverluste stellen bei diesem Anwendungsfall zwar eine Herausforderung für die kurzfristige Speicherung dar, durch den Einsatz von Wasserstoff zusammen mit Batterien oder durch die Kombination mit Wärmeabsorption zur Steigerung der Effizienz, kann diese aber überwunden werden.

Letzteres zeigt das DESIGNNETZ-Projekt in Ibbenbüren, Deutschland, wo ein Elektrolyseur Windenergie nutzt, um das Netz ganzjährig flexibel zu machen. Der erzeugte Wasserstoff wird in das Erdgasnetz eingespeist und in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Stromerzeugung genutzt.

Durch die Nutzung der Abwärme aus der Elektrolyse und der Kraft-Wärme-Kopplung zur Vorwärmung des Erdgases der Anlage, erreicht dieses System einen Wirkungsgrad von 75 %.

Obwohl KWK-Anlagen geringere Emissionen aufweisen als herkömmliche Spitzenkraftwerke für fossile Brennstoffe, setzen sie dennoch Kohlenstoff frei. Grüner Wasserstoff kann aber auch direkt und ohne CO2-Emissionen verbrannt werden. Systeme, bei denen nur Wasser emittiert wird, sind ebenfalls möglich, indem Brennstoffzellen eingesetzt werden, um grünen Wasserstoff in Strom umzuwandeln
Wie letzteres funktionieren kann, zeigt der InnovaHub District, der in den Niederlanden entsteht – ein Energiekraftwerk für Wohnviertel, das das Netz durch den Einsatz von AEM-Elektrolyseuren ausgleicht.

Elektrolyseur-Technologie für den Wasserstoff-Netzausgleich

Bis grüner Wasserstoff umfassend zum Netzausgleich genutzt werden kann, müssen allerdings noch einige Hindernisse überwunden werden – angefangen bei politischen Hürden bis hin zur Kostenfrage.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass Elektrolyseure dynamisch genug reagieren können, um die schwankenden erneuerbaren Energien bei Bedarf entsprechend zu nutzen.

Wenn es darum geht auf schwankende Energiequellen zu reagieren, sind alkalische Elektrolyseure nicht so flexibel wie AEM- oder PEM-Geräte. Es ist daher weniger wahrscheinlich, dass sie mit volatilen Lasten zufriedenstellend interagieren.

Unsere AEM (Anion Exchange Membrane)-Technologie ist hingegen genauso flexibel wie ein PEM-Elektrolyseur, wird im Megawatt-Maßstab aber billiger werden als ähnliche PEM-Lösungen. Daher sind wir überzeugt, dass wir genau diese Herausforderung meistern können.

Entsprechend ist auch das Design unseres AEM Multicore auf die optimale Nutzung von schwankendem Strom ausgelegt: Es handelt sich hierbei um ein modulares System mit mehreren Elektrolyseur-Stacks, die separat hoch- und heruntergefahren werden können. Dies ermöglicht eine Systemflexibilität von 3-105 %, wodurch genau das benötigte Niveau der Wasserstoffproduktion erreicht werden kann.

Mit einer Leistung von 1 MW pro Anlage kann der dezentrale Einsatz solcher Elektrolyseure also viel bewirken.

Ein Balanceakt

Abgesehen von den positiven Aspekten, wie der Senkung der Kosten für den Netzausbau, der Erzeugung grüner Kraftstoffe und natürlich der Stabilisierung der Netze mit einem immer größeren Anteil erneuerbarer Energien, hat der Netzausgleich mit Hilfe von grünem Wasserstoff aber auch noch weiteres Potenzial.

Eric Gimon, technischer Experte bei Energy Innovation, ist beispielsweise der Ansicht, dass dadurch “eine wertvolle Rückkopplungsschleife entstehen könnte, in der die Nachfrage nach billigem Strom die Flexibilität erhöht, was wiederum die Installation neuer variabler sauberer Energie mit positiven Spillover-Effekten auf die Zuverlässigkeit erleichtert”.

Dies würde bedeuten, dass Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien bei geringer Nachfrage Strom mit einem Preisnachlass an Wasserstoff-Hubs verkaufen (oder ihren eigenen Wasserstoff herstellen), während sie diesen bei hoher Nachfrage Versorgungsunternehmen anbieten können.

Dies führt zu einem zuverlässigeren Netz, zusätzlichem Strom aus erneuerbaren Energiequellen und massenhaft grüner Wasserstoffenergie.

Wir freuen uns darauf, das zu erleben – und sind stolz darauf, mit den Pionieren zusammenzuarbeiten, die dies ermöglichen.

Wenn du dich bereits mit grünem Wasserstoff für Netzausgleichslösungen beschäftigst, zögere nicht und fordere jetzt ein unverbindliches Angebot für unsere AEM Elektrolyseure an.